Veranstaltungen - Kultur erleben 

Hier finden Sie eine Vielzahl von Berichten über vergangene Kulturveranstaltungen. Die Berichte geben einen guten Überblick über die Art der vielfältigen und tiefgreifenden Themen, die in der historischen Perspektive des Dreiseit-Hofs ZeitRäume Bodenstedt aufgegriffen werden. 

Wenn Sie sich für einen bestimmten Beitrag interessieren, können Sie auch direkt über die nachfolgenden links zu diesem Beitrag springen: 

 

Internationaler Museumstag 

Video Abendbrot im Abendrot zum internationalen Museumstag in den ZeitRäumen Bodenstedt

Zum Internationalen Museumstag, der auch in den ZeitRäumen Bodenstedt gefeiert wurde, gibt es einen eindruckvollen Kurzfilm.
Der Film wurde erstellt von 
Peter Schmiedel
P & K mediafilm
www.puk-mediafilm.de

Mit freundlicher Genehmigung von Peter Schmiedel ist hier die Verlinkung zum Film des Internationalen Museumstag auf Youtube:
Internationaler Museumstag in den ZeitRäumen

Heimatabende in den Zeiträumen Bodenstedt

Eine eindrucksvolle Schilderung über einen der Heimatabende aus dem Jahr 2013 hat die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG gut zusammengefasst. 

Die Ankündigung des Heimatabends lautete auszugsweise wie folgt:

Heimatabende in den ZeitRäumen Bodenstedt

Wie Bodenstedt für Flüchtlinge zur neuen Heimat geworden ist. 

Bodenstedt. Die Hofstelle in Bodenstedt – heute Ausstellungsstätte „ZeitRäume“ – war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs das neue Zuhause für viele Flüchtlinge.

Ein Zuckerrübentransport im Jahre 1940 vor dem Hof „ZeitRäume“.

Foto: privat

Am morgigen Dienstag lädt der Verein „ZeitRäume Bodenstedt“ in diese Hofstelle ein, um mit der Bevölkerung in zwangloser Atmosphäre über das Thema „Alte und neue Heimat Bodenstedt“ zu sprechen.

Die Flüchtlinge und Vertriebenen hätten nach 1945 in Bodenstedt – wie in vielen anderen Dörfern auch – auf landwirtschaftlichen Höfen gewohnt, und zwar in provisorischen Unterkünften auf sehr beengtem Raum.

„Später siedelten sie sich in Bodenstedt an, bauten eigene Häuser, pflegten Traditionen, die sie aus ihrer früheren Heimat kannten, und übernahmen die Gewohnheiten von den Alt-Bodenstedtern“, beschreibt der Vereinsvorsitzende Christoph Mayer. „Die nächsten Generationen der Kriegskinder und -enkel wurden zu Bodenstedtern, die die alte Heimat nur noch aus Erzählungen kennen.“

Bei dem Heimatabend am heutigen Dienstag in den „ZeitRäumen“ hofft der Verein auf Unterstützung aus der Bevölkerung. „Wir freuen uns, wenn Sie etwas beitragen können: eine Geschichte, alte Fotos, Bücher, Zeitschriften oder Postkarten, Rezepte und vieles mehr“, erklärt der Vereinsvorsitzende.

Wer etwas zum Essen mitbringt – vielleicht ein Gericht aus der Nachkriegszeit, an das sich jeder gern erinnert –, sollte Bescheid sagen beim Vorsitzenden Christoph Mayer.

Der Heimatabend zum Thema „Alte und neue Heimat Bodenstedt“ beginnt am Dienstag, 25. Juni, um 18 Uhr (2013) im ehemaligen Pferdestall der „ZeitRäume“ in Bodenstedt, Hauptstraße 10. Der Eintritt ist frei.

Über die Veranstaltung selbst bereichtete die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG im Anschluss:

Heimatabende in den ZeitRäumen Bodenstedt

Alte und neue Heimat "Bodenstedt". Vom Totengräber, Nachtwächter und der "Totenfrau".

Zum Heimatabend in der Ausstellungs- und Begegnungsstätte „ZeitRäume“ in Bodenstedt erschienen zahlreiche Zuhörer.

Foto: Udo Starke

Bodenstedt „Er war Nachtwächter, Totengräber, Gemeindediener und Kirchenvogt in einer Person“, erinnert sich Heinz Heike (68) aus Bodenstedt noch genau zurück.

Gemeint ist Robert Behme, dessen Frau eine „Totenfrau“ war – sie hat Verstorbene gewaschen und angezogen, eine Arbeit, die heute Bestattungsinstitute übernehmen.

Der Bodenstedter Verein „ZeitRäume“ hatte zum Heimatabend mit dem Thema „Alte und neue Heimat Bodenstedt“ in die Ausstellungs- und Begegnungsstätte eingeladen. „Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben viele Flüchtlinge und Vertriebene in Bodenstedt ihr neues Zuhause gefunden“, blickte Vereinsvorsitzender Christoph Mayer zurück. „Dabei kamen sie auf landwirtschaftliche Höfe und lebten in provisorischen Unterkünften auf beengtem Raum.“ Später siedelten sich die Flüchtlinge und Vertriebene in Bodenstedt an, bauten eigene Häuser, pflegten Traditionen, die sie aus ihrer früheren Heimat kannten, und übernahmen Gewohnheiten von den Alt-Bodenstedtern.

Beim Heimatabend kamen die verschiedenen Generationen ins Gespräch: Mit Hilfe mitgebrachter Bilder erinnerten sich die Teilnehmer an vergangene Tage und tauschten Geschichten aus. Zu sehen war unter anderem die Hauptstraße, einzelne Höfe, das Spritzenhaus, die Bäckerei in der Bäckerstraße, das Gemeindebüro und Arbeiten auf dem Feld. „Da wurden noch flächenmäßig Erbsen angebaut und von Pflückern geerntet. Die Fotos sind wahre Raritäten, denn wer hatte zu der Zeit schon einen Fotoapparat?“, erklärte Mayer. Die Dias stammen aus dem Fundus des kürzlich gestorbenen Heimatpflegers Günter Braunschweig, der das Werk von Rudolf Paes weitergeführt hat.

Wie es sich für einen Heimatabend gehört, wurde auch Kulinarisches aus alter Zeit angeboten: Dazu zählten eine Graupensuppe, ein schlesischer Kartoffelsalat, Quarkspeisen und die für damals typischen Schnittchen.

Nach dem Diavortrag wurden die Tische zusammengerückt, und in Grüppchen klönten die Teilnehmer noch lange über vergangene Zeiten. Da machten viele Geschichten die Runde – interessante, lustige, schöne, aber auch tragische und schmerzhafte.

Vielen Dank an Bernhard Wolters, der uns die nachfolgenden Fotos zur Verfügung gestellt hat. 

Heimatabende in den ZeitRäumen Bodenstedt
Heimatabende in den ZeitRäumen Bodenstedt
Heimatabende in den ZeitRäumen Bodenstedt
Heimatabende in den ZeitRäumen Bodenstedt
Heimatabende in den ZeitRäumen Bodenstedt

Bodenstedt nach der Reformation

Ein Vortrag von Herrn Axel Richter im November 2013

„Es war ein langer und keineswegs konfliktloser Weg vom Thesenanschlag Martin Luthers 1517 in Wittenberg bis zur friedlichen Ökumene der christlichen Kirchen heute. Der Vortrag führt zurück in die unmittelbare Anfangszeit der Reformation im Braunschweigischen Land, insbesondere in den Dörfern Bodenstedt, Köchingen und Liedingen. Anhand erhalten gebliebener Kirchenvisitationsprotokolle aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird der Widerstreit zwischen der katholischen und der protestantischen Lehre bei Einführung der Reformation nachgezeichnet und dabei zugleich ein Einblick in das Dorfleben vor mehr als 450 gewährt. Über ausgewählte Beispiele wird das Verhältnis der beiden Konfessionen in die Gegenwart zurückgeführt.“

Vortrag in den ZeitRäumen Bodenstedt: Bodenstedt nach der Reformation

Ein Glaube, zwei Konfessionen - Geschichte und Geschichten aus der Anfangszeit der Reformation

„Es war ein langer und keineswegs konfliktloser Weg vom Thesenanschlag Martin Luthers 1517 in Wittenberg bis zur friedlichen Ökumene der christlichen Kirchen heute. Der Vortrag führt zurück in die unmittelbare Anfangszeit der Reformation im Braunschweigischen Land, insbesondere in den Dörfern Bodenstedt, Köchingen und Liedingen. 

Foto: Udo Starke
Ortsheimatpfleger Axel Richter (links) beleuchtete in den „ZeitRäumen“ das Leben auf den Dörfern wie Bodenstedt, Köchingen und Liedingen.

Die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG berichtet (Udo Starke): 

Anhand erhalten gebliebener Kirchenvisitationsprotokolle aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird der Widerstreit zwischen der katholischen und der protestantischen Lehre bei Einführung der Reformation nachgezeichnet und dabei zugleich ein Einblick in das Dorfleben vor mehr als 450 gewährt. Über ausgewählte Beispiele wird das Verhältnis der beiden Konfessionen in die Gegenwart zurückgeführt.“

Reformation – Pfarrer heiratete Köchin. Bodenstedt.

Der Heimatpfleger Axel Richter berichtete über die Veränderungen im Alltag der Dorfbevölkerung.

Die Reformation – sie hatte auch Auswirkungen auf Dörfer wie Bodenstedt, Köchingen und Liedingen. „Die Menschen waren wohl erleichtert über die neue Glaubenslehre, aber es dauerte eine Zeit, sich auf das neue Glaubensbekenntnis einzustellen“, berichtete der Liedinger Heimatpfleger Axel Richter – er referierte in den Bodenstedter „ZeitRäume“ über den Glauben mit zwei Konfessionen (katholisch, evangelisch).  

Richter erzählte Geschichten aus der Anfangszeit der Reformation am Beispiel der Dörfer Bodenstedt, Köchingen und Liedingen – zwischen den drei Dörfern herrschte seit jeher früh ein Zusammenhalt. Er erinnerte an das Jahr 1517, als Martin Luther seine 95 Thesen auf die Tür der Schlosskirche in Wittenberg nagelte – und die Reformation einläutete. Die kirchliche Erneuerungsbewegung führte zur Spaltung des Christentums. Luther wollte allerdings nicht mit der alten Kirche brechen.

„Man spürte damals schnell, dass auch die neue Konfession Ansprüche stellte wie seelsorgerische Sicherung. Zudem war man bestrebt, Tendenzen mit Brauchtum auszugrenzen. Dabei setzte die Bevölkerung jedoch weiter auf ungeschriebene Dorfsolidarität“, machte Richter anhand von historischen Textquellen deutlich, denn die Menschen seien aufeinander angewiesen gewesen.

So ging es vor fast 500 Jahren auch über Angaben, wie Pfarreien ausgestattet sein sollten. Dazu zählte laut Richter vor allem die Versorgung. Er gab Einblicke in das damalige pralle Dorfleben mit großen Themen wie Brauchtum und Aberglaube, erinnerte an Abgaben und eine Fülle von Diensten. Und: Es geschah durch die Reformation auch, dass ein Pfarrer eine Köchin heiratete.

 Die jüngste Geschichte zeige aber auch konfessionelle Gegensätze, gerade auch auf dem Hof (heute ZeitRäume) in Bodenstedt angesichts der Flüchtlinge und Vertriebenen. Richter erinnerte auch an Pfarrer Hans Buttler aus Vallstedt, der einst Katholiken die evangelische Kirche im Ort gern zur Verfügung stellte; aber es sollte nicht geläutet werden, um nicht für den Katholizismus zu werben.

„Man gewährt sich bis dato gegenseitige Wertschätzung, was unter anderem auch ökumenische Gottesdienste belegen“, sagte der Ortsheimatpfleger und fügte hinzu, es sei lange Zeit nicht selbstverständlich gewesen, dass Menschen beider Konfessionen an einem Tisch säßen.

 

Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg im Peiner Land

Ein Vortrag von Dr. Binner im Februar 2012

Die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG berichtet (Udo Starke):

„Sie waren hier um zu arbeiten und zu essen, sonst nichts“

Bodenstedt

Der Historiker Jens Binner klärte im Bodenstedter Museum „ZeitRäume“ über Zwangsarbeiter im Landkreis Peine auf. 

Auch in Peine und im Landkreis war nach Kriegsbeginn (1939) der Umgang mit Zwangs- und Fremdarbeitern klar strukturiert. Vor allem wurde mit dem Thema nicht hinter der Hand gehalten, Zwangsarbeit fand öffentlich statt. Das machte Jens Binner vom Kreisheimatbund am Wochenende mit seinem Referat über Zwangsarbeiter in dem Bodenstedter Museum „ZeitRäume“ deutlich.

„Die „Arbeitsstätten“ der fremden Kräfte waren über das gesamte Stadtgebiet, aber auch im Landkreis, wie in Bodenstedt, verteilt, zum Teil in separaten, extra zu diesem Zweck errichteten Barackenlagern, aber auch im privaten Bereich. Entläusungsanlagen lagen weiter entfernt“, erklärte Binner vor rund 40 interessierten Zuhörern.

Der Arbeitseinsatz in industriellen Großbetrieben oder in der Rüstungsproduktion sei für die Arbeiter und Häftlinge oft wesentlich härter und unmenschlicher als bei manchem Peiner Kleinbetrieb oder im Einsatz bei der Landbevölkerung gewesen. „Sie waren aber unabdingbar, um die nötigen Arbeiten zu bewältigen“, sagte Binner. Auch die Hofstelle in Bodenstedt sei eine zentrale Stelle gewesen.

Der Landkreis Peine sei Binner zufolge ein gutes und geeignetes Gebiet zur Untersuchung der Thematik. Denn es gab Schwerindustrie ebenso wie Bergbau. Allerdings gebe es keine wissenschaftlich genügenden Unterlagen der Hütte. „Es gibt Forschungslücken bezüglich der Ilseder Hütte zur Zeit des Nationalsozialismus“, erklärte er.

So berichtete Binner, Eddesse sei damals international gewesen. „Es herrschte ein vielschichtiges Sprachgewirr durch rund 70 Zwangsarbeiter“, verdeutlichte der Referent. Er sei davon überzeugt, dass in vielen Kellern noch Chroniken schlummerten, die nähere Auskünfte geben könnten. Der allgemeine Tenor lautete einst: „Sie waren hier, um zu arbeiten und zu essen, sonst nichts.“

Mit seinen Ausführungen wollte Jens Binner nach eigenen Worten Perspektiven aufzeigen und erweitern, wer in welchen Dörfern eine Rolle gespielt hat und wie der Nationalsozialismus bis zur untersten Ebene funktionieren konnte.

Fotos: Udo Starke
Jens Binner (links) referierte vor 40 Zuhörern über Zwangsarbeiter in Bodenstedt

Vortrag in den ZeitRäumen Bodenstedt: Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg in der Peiner Region
Vortrag in den ZeitRäumen Bodenstedt: Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg in der Peiner Region

Die PEINER ALLGEMEINE ZEITUNG berichtet ebenfalls:

„Wir geben den Menschen ein Gesicht“

Bodenstedt 

Historische Fahndungsblätter, Dorfchroniken, Lazarettakten – durch all das hat sich der Historiker Dr. Jens Binner gearbeitet, um das Thema „Zwangsarbeit im Landkreis Peine während des Zweiten Weltkrieges“ zu durchleuchten. Freitagabend hat er seine Ergebnisse in einem Vortrag in den ZeitRäumen der Hofstelle in Bodenstedt präsentiert. 

Bodenstedt. „Ich bringe Dokumente zum Sprechen“, sagt Binner, der zweiter Vorsitzender des Kreisheimatbundes Peine ist. Aus welchen Ländern kamen die Zwangsarbeiter? Wie verlief ihr Weg in den Landkreis Peine? Wie ist es ihnen hier ergangen? Antworten auf diese Fragen hat Binner in historischen Aufzeichnungen gefunden.

Akribisch und respektvoll hat der Historiker unter anderem alte Peiner Ortschroniken durchsucht. „Sie sind besonders wichtig, da sie eine weite Verbreitung finden“, so Binner. „Allerdings kommen darin häufig nur deutsche Zeitzeugen zu Wort.“

Gearbeitet haben die Zwangsarbeiter oft in der Landwirtschaft, aber vor allem auch in der Schwerindustrie und im Bergbau. So beschäftige die Ilseder Hütte Zwangsarbeiter, ebenso wie das Peiner Walzwerk. Dokumente dazu hat Binner unter anderem von Udo Meier, Betriebsratsvorsitzender der Peiner Träger, erhalten, der etwa einen alten Lageplan zur Unterbringung der Zwangsarbeiter vor der Vernichtung bewahrt hat. „Auch die Ilseder Hütte müsste mehr die Aufklärung fördern“, sagte Binner.

Auch alte Zeitungen hat Binner in seine Arbeit einbezogen. „Sie haben die Zeit allerdings stark propagandistisch begleitet“, so Binner. Zudem fände man häufig Berichte zu den Verordnungen der Polizei, die in gemeinsamen Treffen der Zwangsarbeiter im Park oder etwa in einer Karussellfahrt auf dem Schützenfest ein „anmaßendes Verhalten“ sah.

Auch im Schriftgut der Verwaltung und in Kriegschroniken, die jedes Dorf fertigen musste, sowie aus Personalkarten der Arbeitskommandos konnte Binner Informationen sammeln. „Häufig findet man darauf Eintragungen über Fluchten“, so Binner. „Das war ihre häufigste Widerstandshandlung, die mit verschärften Arresten oder sogar mit dem Tod bestraft wurde.“

Mit seiner Arbeit will Binner Mut machen, auch mal die Perspektive zu wechseln. Dass er bei seinen Recherchen auf alte Personalkarten gestoßen ist, freut ihn dabei besonders: „So geben wir den Menschen endlich ein Gesicht.“

„Wir Kinder der Kriegskinder“

Herr Armin Rathmann aus Sehnde greift das Thema des zweiten Weltkriegs in einem weiteren Zusammenhang auf: die Auswirkungen der Kriegserlebnisse auf die nachfolgende Generation.

„Unsere Eltern waren Kinder im 2. Weltkrieg. Bombenhagel, Zerstörung, Flucht und Vertreibung haben viele erlebt. Sie hatten Hunger und vor allem Angst, große Angst.

Durch den so genannten Generationentransfer ist vieles an Unaufgearbeitetem und Verdrängten an die nächste Generation weitergegeben worden.

Die Jahrgänge 1955 – 1975 erleben sich oft in Gefühlen, die sie sich nicht erklären können. In diesem Vortrag soll aufgezeigt werden, wie Ungelöstes und Verdrängtes weitergegeben wurde und was die Betroffenen zur Eigenheilung tun können.“

Reise durch die Heimatgeschichte

Mein perfektes Wochenende: Kindheitserinnerungen und Heimatkunde – Ein Verein kümmert sich um die ZeitRäume und sorgt für Veranstaltungen. 
Von Harald Meyer

ZeitRäume Bodenstedt: Reise durch die Heimatgeschichte

Foto von Henrik Bode

Kindheitserinnerungen bei Ingrid Schlüter: Die 70-Jährige steht an der Infotafel und zeigt auf ein Schwarz-Weiß-Foto – sie ist zu sehen als kleines Mädchen, ihre beiden Geschwister und die Eltern. Über Tonband ist die Stimme ihres Bruders Günter Braunschweig zu hören, der vom Alltag der Flüchtlingsfamilie auf diesem Bauernhof in Bodenstedt (Gemeinde Vechelde/Kreis Peine) erzählt – inzwischen ist daraus die Ausstellungs- und Begegnungsstätte ZeitRäume geworden.

„Genau diese Erzählungen von Zeitzeugen machen unsere Einrichtung zum ,lebendigen Museum’“, sagt Dr. Christoph Mayer erfreut – er ist Vorsitzender des Vereins, der sich ehrenamtlich um die ZeitRäume kümmert. Insbesondere sorgen die 75 Vereinsmitglieder dafür, dass diese Hofstelle an Wochenenden für die Bevölkerung zugänglich ist.

Ein begehbarer Zeitort, in dem exemplarisch für die gesamte Region Braunschweig und sehr anschaulich die Geschichte der vergangenen rund 130 Jahre abzulesen ist: Um 1878 hat die Familie Seggelke den Dreiseithof an der Hauptstraße in Bodenstedt gebaut, bereits im 16. Jahrhundert muss es an der Stelle eine Gastwirtschaft gegeben haben.

„Die ZeitRäume sind noch so eingerichtet wie früher: Die Möbel und die anderen Gegenstände – das ist alles original“, schildert Vereinsmitglied Günter Wolters. 

So lässt sich auch der Wandel der Landwirtschaft in den ZeitRäumen nachvollziehen: Weil Ackerbau und Viehzucht nicht mehr ausreichten, um die Familie zu ernähren, haben die Eigentümer zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Hauptgebäude eine Gaststätte eingerichtet und eine Kegelbahn angebaut. Im Gaststättenraum im Erdgeschoss steht noch der grüne Jugendstilkachelofen, aus der Hörstation kommt eine Stimme im alten Bodenstedter Platt. Der Ventilator oben in der Wand mutet vorsintflutlich an, genauso wie das Kurbeltelefon aus Holz – bis 1913 das erste Telefon in Bodenstedt, ein öffentliches. Dort in der Ecke, wo eine große Fotografie die Durchreiche zur Küche zeigt, habe „früher am Heiligen Abend immer der große Weihnachtsbaum gestanden“, erinnert sich Ingrid Schlüter. Auf der Kegelbahn ist nun die Dauerausstellung „Frauenbild im Laufe der Zeit“ zu sehen mit alten Modezeitschriften.

Im Obergeschoss des Hauptgebäudes – zu erreichen über eine schmale Holztreppe – haben die Hofeigentümer einst einen Tanzsaal eingerichtet für die Feiern der Dorfgemeinschaft. Im Zweiten Weltkrieg wurden dort und in Nebenräumen Zwangsarbeiter untergebracht, die auf dem Hof mitarbeiten mussten; nach Kriegsende wohnten dort Flüchtlinge aus dem Osten wie die Familie von Ingrid Schlüter. 

„Wir haben hier als fünfköpfige Familie zunächst in einem Zimmer mit 25 Quadratmetern gewohnt“, erinnert sich Ingrid Schlüter, die aus Königsberg stammt und 1947 auf die Hofstelle gekommen ist: „In unserem Raum gab es zu der Zeit keinen Ofen – wir haben ganz schön gefroren.“ Im Saal hat ihr Vater eine provisorische Küche mit einem Kohleherd eingerichtet, die Plumpsklos befanden sich draußen auf dem Hof. „Trotz der ärmlichen Verhältnisse haben wir hier schön gelebt“, meint Ingrid Schlüter im Nachhinein. 

Während ihrer Erzählungen läuft im Tanzsaal der Original-Schwarz-Weiß-Film von den (gescheiterten) Verhandlungen der US-Amerikaner 1945 mit den Deutschen über eine Übergabe der Stadt Braunschweig – sie fanden in der Wedtlenstedter Schleuse statt. Und über den Einmarsch der US-amerikanischen Streitkräfte im April 1945 in Bodenstedt. 

In der Hofstelle lässt sich auch der Zeitgeist alter Epochen ablesen: die Füße des riesigen Holzschranks und des Schreibtischs im Herrenzimmer als Löwenpranken; das Wappen des Herzogtums Braunschweig in der Diele; Lanzen und Antilopengeweihe aus Afrika im Zimmer „Kolonialstolz“.

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